| Amsterdam - Falmouth FALMOUTH II
 
 Leider hat sich im Atlantik schon wieder ein neues Tief gebildet. Es entstand praktisch über Nacht. Die Winde wehen also nach wie vor aus südwestlichen Richtungen und wir haben keine Lust gegenan zu bolzen. Heute ist ein Tag, wie man ihn sich für England nicht typischer vorstellen kann. 12 Grad und Regen. Die meisten Leute auf der Straße haben nicht mal mehr einen Regenschirm, was uns vermuten lässt, dass es hier vorwiegend nass ist. Der Tag war insofern erfolgreich, weil wir ein T-Stück für unsere Gasanlage bekommen haben. D.h., ab sofort können wir Propan- und Butangasflaschen anschließen. Ich hatte vorher diverse Meinungen zum Thema Gas erlesen und eingeholt, aber leider kommt es immer anders als man denkt. In England ist das Befüllen von Propanflaschen nur überregionalen Füllstationen gestattet, und das dauert mindestens zwei Wochen, ehe die Flasche wieder da ist. Gas ist eine unserer Energiequellen. Wir haben viel Zeit, also kochen wir jeden Tag ein anderes Menü und dafür brauchen wir den Kocher. Alternativ nutzen wir die Mikrowelle an Bord, diese verbraucht aber sehr viel Strom und der Betrieb ist nur bei laufendem Motor oder Landstromanschluß möglich. Wo ich schon mal bei den Energiequellen bin, kann ich Euch auch einen normalen Tagesablauf vor Anker an Bord der Inspiration schildern.
 Wir stehen so gegen 9.00 Uhr auf und kochen als erstes Tee oder Kaffee. Während der  Teekessel auf dem Ofen steht wird der Tisch gedeckt. Wenn dann alles soweit ist, kocht  auch das Wasser und das Aufgussgetränk kann angesetzt werden. Durchschnittlich  frühstücken wir eine Stunde und überlegen dabei, was für den Tag anliegt.  Anschließend geht es ins Bad um sich für den Tag zu stylen. Hier in Falmouth können  wir auf sehr gute Duschanlagen am Kai zurückgreifen. Heißes Wasser ohne Ende und  das ohne den Einwurf kleiner Münzen. Ich ziehe es allerdings vor, an Bord zu duschen. Es ist irgendwie viel praktischer. Brauche keine Tasche mit allen Utensilien zu packen,  ziehe mich einfach aus, und das warme Wasser läuft, bis der Boiler leer ist. Ich muß mir  keine Gedanken über Fußpilz machen und nicht mit nassen Füßen verkrampft in die  Jeans schlüpfen.  Wir ankern ca. hundert Meter vom Yachthafen entfernt. Das ist die Strecke, auf der wir  unser Dinghi auf Höchstgeschwindigkeit bringen können. Mit den vorbereiteten  Stahlseilen schließen wir das Schlauchboot generell am Steg ab. Wir wollen schließlich  nicht mit zwei Gummibooten durch die Welt turnen. Die Hauptgeschäftsstraße beginnt  gleich am Kai. Vor Ort gibt es alles, was das Herz begehrt. Auf 700 Metern ist Geschäft  an Geschäft. Sehr zu empfehlen sind übrigens Cornish, eine gefüllte Teigware mit Steak  and Ale oder Cheese ........ die es alle 50 Meter in speziellen Shops gibt. Schmeckt super,  besonders die Gulaschausführung. An dieses schmackhafte Gericht konnte ich mich  noch von meinem Schüleraustausch 1977 erinnern. Die hiesige Küche kann sonst nicht  unbedingt dem Feinschmecker empfohlen werden.
 
 
   Gestern Abend wollten wir nach dem Essen noch einen Gang durch die Gemeinde machen und haben beim Anlegen am Steg Mike und Joan aus der Nähe von Birmingham kennen gelernt. Ein sehr nettes Ehepaar Ende Vierzig Anfang Fünfzig. Sie verrieten uns den Code für das Zahlenschloss am Eingang der Marina und so kamen wir ins Gespräch. Später saßen wir noch gemeinsam im Pub. Es war ein netter Abend bei Guinness, Lager und Cidre, den es hier aus dem Zapfhahn gibt. Als wir das letzte Bier bestellen wollten war die Sperrstunde leider schon überschritten. Ab 23.00 Uhr ist die Theke geschlossen und die Stühle werden hochgestellt. Na ja, war auch nicht so tragisch, da der Pegel bereits stimmte.Nun wieder zum Tagesablauf. In den letzten Tagen sind wir nach dem Frühstück  meisten ins Städtchen gegangen. Internet, Besorgungen, Sightseeing, halt alles  urlaubsmäßig ohne Eile und Stress.
 Gegen Mittag fahren wir zurück aufs Boot und nehmen das zweite Frühstück ein.
 Danach stehen die täglichen Arbeiten wie Wäsche waschen, Funktionsprüfungen,  Reparaturen und Wartungsarbeiten an. Zum späten Nachmittag geht es dann zur  zweiten Runde nach Falmouth. Wir leben in einer sehr entspannten Atmosphäre und  dementsprechend langsam verläuft das Tagesgeschehen. Endlich ist Abendbrotzeit. Das Hauptgericht des Tages fällt in Landnähe besonders  üppig aus. Dem kreativen Kochen sind keine Grenzen gesetzt und so brutzeln wir jeden  Tag was neues. Das anschließende Abwaschen ist nicht besonders spaßig. Aber mit  einem Gläschen Wein und guter Musik können wir es ertragen. Häufig war das  Abendmenü so reichhaltig, dass wir uns nach Espresso und Schnäpschen uns nur noch  lang legen konnten. Wir haben das Gefühl, dass die viele frische Seeluft besonders müde  macht.
 Der mühsame Weg ins Bett beträgt vom Salontisch exakt 6,12 m. Dort erwartet uns eine  Doppelkoje mit ganz normaler Bettdecke (wie zu Hause) die ca. 1,20 Breite misst.  Bevor  entgültig die Äuglein zufallen, hören wir noch einige Zeit Musik und schauen aus dem  Skylight in der Decke in den wunderschönen, bedeckten Himmel Englands. Besonders spannend ist es bei Regen, dann bilden sich kleine Fützen auf dem Acyrlglas, die  irgendwann zu einer Seite ablaufen.  An Steuerbord und Backbord sind in Kopfhöhe des Bettes kleine Fenster seitlich im  Rumpf angeordnet. Sehr praktisch, weil wir aus dem Bett sehen können, ob sich die  Position des Schiffes verändert hat. In der großen Achterkajüte sind außerdem unsere Mountainbikes verstaut. Wir schlafen mit den leichten Bewegungen des Bootes fantastisch.
 Der Wetterbericht hat uns gleich am frühen Morgen die Laune verdorben. Das heranziehende Tiefdruckgebiet entwickelt sich zum Sturmtief über der Biskaya und Südengland. Der Aufenthalt in Falmouth wird also noch einige Tage dauern. Andrea  schwärmte doch so von den heißen Duschen der Marina und ich habe mich  breitschlagen lassen  diese auch zu nutzen. Mit dem Ergebnis: Männerduschen dreckig  und das Wasser kalt.  Mein Aufenthalt in den Waschräumen war dementsprechend  kurz. Bin dann über den Steg geschlendert und bei Joan und Mike auf der Capekatie  beim Kaffee hängengeblieben. Andrea kam nach einer Weile begeistert vom  Warmduschen nach. Es gibt wohl zwei unterschiedliche Warmwasserversorgungen, da  die Frauen über richtig warmes Wasser verfügen.
 
 Den Nachmittag verbrachten wir mit unseren neuen Englischen Bekannten und Sohn  Aron auf der Inspiration bei Kaffee und den üblichen Kaltgetränken.
 
 Wir haben uns vor Antritt unserer Reise nicht träumen lassen, dass der Weg bis ins Mittelmeer solange dauern kann. Die nächstmögliche Situation werden wir nutzen und  Meilen machen bis es warm ist und die warmen Sachen für lange Zeit in der Staukiste  unter dem Bett verschwinden.
 
 
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